Die wichtigsten Infos auf einen Blick
- Rechtlich vorgeschrieben durch neue EU-Richtlinien (CSRD)
- Schafft Vertrauen bei Investoren und Geschäftspartnern
- Grundlage für nachhaltiges Wirtschaften und Risikomanagement
Einführung: Warum das ESG-Reporting unverzichtbar wird
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung steht vor einem Paradigmenwechsel. Mit der neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verschärft die EU die Anforderungen an die ESG-Berichterstattung erheblich. Was früher freiwillig oder nur für wenige Unternehmen verpflichtend war, wird nun für tausende europäische Unternehmen zur rechtlichen Pflicht.
Doch viele Unternehmen sind noch nicht ausreichend vorbereitet. Die neuen Berichtsstandards (ESRS) sind komplex, die Datenerfassung aufwendig und die ersten Berichte müssen bereits 2025 für das Geschäftsjahr 2024 erstellt werden – je nach Größe des Unternehmens. Mit einer strukturierten Herangehensweise lassen sich jedoch auch diese Herausforderungen erfolgreich meistern.
Schritt 1: Berichtspflicht prüfen und Anwendungsbereich definieren
Bevor mit der eigentlichen Berichterstattung begonnen wird, muss zunächst geklärt werden, ob und ab wann das Unternehmen berichtspflichtig ist. Die CSRD wird stufenweise eingeführt:
Wer ist betroffen?
- Phase 1 (ab 2025): Große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit einem Umsatz von mehr als 450 Mio. Euro
- Phase 2 (ab 2026): Alle großen Unternehmen (mindestens 2 der 3 Kriterien: >250 Mitarbeitende, >25 Mio. Euro Bilanzsumme, >50 Mio. Euro Nettoumsatz)
- Phase 3 (ab 2027): Börsennotierte KMU
Praxisbeispiel:
Ein mittelständisches Produktionsunternehmen mit 300 Mitarbeitenden, einer Bilanzsumme von 30 Mio. Euro und einem Umsatz von 60 Mio. Euro erfüllt alle drei Kriterien und muss ab 2026 berichten.
Tipp: Auch wenn Ihr Unternehmen noch nicht direkt betroffen ist, sollten Sie sich vorbereiten. Als Lieferant großer Unternehmen werden Sie indirekt zur Datenlieferung aufgefordert.
Schritt 2: Wesentlichkeitsanalyse durchführen
Der zweite Schritt ist die Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit. Dabei werden sowohl die Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft als auch die finanziellen Risiken für das Unternehmen bewertet.
Die vier Bereiche der Wesentlichkeitsanalyse:
- Umweltaspekte (E): Klimawandel, Ressourcenverbrauch, Biodiversität
- Soziale Aspekte (S): Arbeitnehmerrechte, Menschenrechte, Gemeinwohl
- Governance (G): Unternehmensführung, Ethik, Compliance
- Wechselwirkungen zwischen den Bereichen
Praxisbeispiel:
Ein Automobilzulieferer identifiziert als wesentliche Themen: CO₂-Emissionen in der Produktion (Impact Outside-In), Risiken durch CO₂-Bepreisung (Impact Inside-Out), Arbeitssicherheit in der Fertigung und Diversität in der Belegschaft.
Tipp: Beziehen Sie interne und externe Stakeholder aktiv in die Wesentlichkeitsanalyse ein. Deren Perspektiven sind entscheidend für eine vollständige Bewertung.
Schritt 3: Daten erfassen und Kennzahlen definieren
Nach der Wesentlichkeitsanalyse folgt die systematische Datenerfassung. Hier zeigt sich oft, dass viele relevante Daten noch nicht strukturiert erfasst werden oder in verschiedenen Abteilungen „schlummern".
Typische Datenquellen:
- Energieverbrauchsdaten (Facility Management)
- Personalstatistiken (HR-Abteilung)
- Lieferantendaten (Einkauf)
- Abfalldaten (Umweltmanagement)
- Governance-Strukturen (Compliance/Recht)
Praxisbeispiel:
Ein Dienstleistungsunternehmen muss für den Scope-3-Bericht die CO₂-Emissionen der Geschäftsreisen erfassen. Die Daten liegen verstreut bei der Reiseagentur, in Abrechnungen und in verschiedenen Buchungssystemen vor.
Tipp: Etablieren Sie von Anfang an einheitliche Datenerfassungsprozesse und definieren Sie klare Zuständigkeiten. Eine zentrale ESG-Datenbank erleichtert die jährliche Berichterstattung erheblich.
Schritt 4: Nach ESRS-Standards berichten
Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) geben den konkreten Rahmen für die Berichterstattung vor. Die Standards gliedern sich in übergreifende Standards (ESRS 1 und 2) sowie themenspezifische Standards für Umwelt (E1-E5), Soziales (S1-S4) und Governance (G1).
Aufbau eines CSRD-konformen Berichts:
- Allgemeine Angaben zur Nachhaltigkeitsstrategie (ESRS 2)
- Governance-Strukturen und Kontrollen
- Wesentliche Nachhaltigkeitsthemen und deren Management
- Kennzahlen und Zielerreichung
- Zukunftsorientierte Informationen
Praxisbeispiel:
Ein Chemieunternehmen muss nach ESRS E1 (Klimawandel) über seine Klimastrategie, CO₂-Reduktionsziele, konkrete Maßnahmen und Fortschritte berichten. Nach ESRS S2 (Arbeitnehmer) sind Angaben zu Arbeitssicherheit, Weiterbildung und Diversität erforderlich.
Tipp: Nutzen Sie die aktuellen Erleichterungen der EU-Kommission. Für die Berichtsjahre 2024-2026 können bestimmte Angaben weggelassen werden, wenn sie unverhältnismäßig aufwendig sind.

Schritt 5: Externe Prüfung und kontinuierliche Verbesserung
CSRD-Berichte müssen extern geprüft werden. Zunächst erfolgt eine begrenzte Prüfung (Limited Assurance), perspektivisch ist eine umfassende Prüfung geplant. Darüber hinaus ist ESG-Reporting ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.
Was wird geprüft?
- Vollständigkeit der Angaben nach ESRS
- Richtigkeit der Daten und Berechnungen
- Angemessenheit der Wesentlichkeitsanalyse
- Kohärenz zwischen Nachhaltigkeits- und Finanzbericht
Praxisbeispiel:
Bei der ersten externen Prüfung stellt sich heraus, dass die CO₂-Bilanzierung für Scope 3 unvollständig ist. Das Unternehmen muss nachbessern und die Datenerfassung für das nächste Jahr verbessern.
Tipp: Beginnen Sie frühzeitig mit der Auswahl eines geeigneten Prüfers und bereiten Sie alle erforderlichen Unterlagen systematisch vor. Eine gute Dokumentation der Datenquellen und Berechnungsmethoden erleichtert die Prüfung erheblich.
Praktische Tipps für die Umsetzung
- Interdisziplinäres Team aufbauen: ESG-Reporting erfordert Expertise aus verschiedenen Bereichen – von Nachhaltigkeit über Controlling bis hin zur IT.
- Software-Lösungen nutzen: Spezialisierte ESG-Reporting-Tools automatisieren Datenerfassung und -auswertung und reduzieren den manuellen Aufwand.
- Weiterbildung zum/zur Umweltmanager machen: Ausgebildete Fachkräfte für den Umweltbereich sind die Expert*innen für die Berichte.
- Externe Beratung einbinden: Gerade in der Anfangsphase können externe ESG-Experten wertvolle Unterstützung bei der Interpretation der Standards leisten.
- Schrittweise implementieren: Beginnen Sie mit den wichtigsten Kennzahlen und bauen Sie das Reporting sukzessive aus.
- Benchmark nutzen: Orientieren Sie sich an Best-Practice-Beispielen aus Ihrer Branche.
Fazit: ESG-Reporting als Chance für nachhaltiges Wachstum
ESG-Reporting ist mehr als nur eine regulatorische Pflicht. Richtig umgesetzt, schafft es Transparenz, identifiziert Risiken und Chancen und stärkt das Vertrauen bei Investoren und Kunden. Die CSRD mag zunächst als zusätzliche Belastung erscheinen, bietet jedoch die Chance, Nachhaltigkeit systematisch ins Geschäftsmodell zu integrieren.
Mit der hier vorgestellten 5-Schritte-Anleitung können Unternehmen die komplexen CSRD-Anforderungen strukturiert angehen. Wichtig ist, früh zu beginnen und die Berichterstattung als kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu verstehen. Unternehmen, die ESG-Reporting als strategisches Instrument nutzen, werden langfristig im Wettbewerb um Talente, Kapital und Kunden die Nase vorn haben.